...und was man daraus lernt.
Der diesjährige Hamburger Sommer war dann einladend genug, um mich mal näher mit den "Bezirksparlamenten" zu beschäftigen.
Spannend fand ich dabei zum Beispiel die Tatsache, dass neben den 361 gewählten "Bezirksabgeordneten" auch noch ca. 1.000 "zubenannte Bürger" in den Ausschüssen der Bezirksversammlungen ehrenamtlich aktiv sind.
Ok, von den Bezirksabgeordneten hört man wenig, aber von den fleißigen und politisch aktiven Bürgern hört man überhaupt nichts.
Deshalb hatte ich geplant an diese Stelle einmal eine Hommage an die "Zubenannten Bürger" zu verfassen und diese einfach einmal vorzustellen.
Unter anderem deshalb hatte ich Anfang Juli eine Email an alle Bezirksversammlungen und an alle Fraktionen in den Bezirksversammlungen gesendet. Einziges Amliegen: Die Bitte mir die Namen der öffentlich gewählten und öffentlich benannten Bürger zuzusenden, da diese an keiner Stelle im Netz zusammen erfasst abrufbar sind.
Das Feedback war trotz Sommerpause sehr gut.
Aus fast alle Bezirken habe ich prompt und freundlich die Namenslisten ohne Restriktionen zugesandt bekommen.
Doch dann kam Bergedorf!
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Grafik Michael Büker/wikipedia.org |
Nach über einem Monat erhielt ich eine Email aus der Geschäftsstelle, in der mir das Votum des Hauptausschusses mitgeteilt wurde:
"Die Mitglieder des Hauptausschusses waren einvernehmlich der Auffassung,
das die Aufnahme der Namen von Bezirksabgeordneten oder hinzugewählten
Bürgern in Ihre Listen allein durch die Genannten entschieden werden
könne."
Ergebnis: Die Zusendung einer Namensliste von öffentlich gewählten Bürgern, die ein öffentliches Amt begleiten, die öffentlich tagen und die über öffentliche Anliegen und öffentliche Gelder diskutieren ist nicht möglich?
Die Email musste ich zweimal lesen.
Am Ende wird noch auf das mehr als suboptimale Ratsinformationssystem Open Plenum verwiesen und das dort alle Informationen abrufbar wären. Leider ist dem nicht so.
Wenn man sich die Mühe macht in die Untiefen des Systems hinabzusteigen, dann stellt man schnell fest, dass z.B. die Mitgliederlisten vieler Ausschüsse gar nicht anbrufbar sind, da gar nicht vorhanden. Einige Beispiele:
Nach kurzem Check musste ich zudem feststellen, dass noch nicht mal die Namen einiger Abgeordneter (z.B. nach Heirat) korrekt angegeben sind.
Nun wollte ich es aber genauer wissen und habe versucht das Protokoll bei Open Plenum zu finden. Selbstverständlich ist das Dokument vom 12.07.2012 (heute noch) nicht abrufbar.
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Protokoll Hauptausschuss 12.07.2012 |
Zusatz: Die LINKE. Bergedorf veröffentlicht alle Dokumente aus der Bezirksversammlung zeitnah auf ihren Webseiten, auch das erwähnte Protokoll (pdf.) ist dort abrufbar.
Ich hab es trotzdem und zitiere gerne einige Stellen, die die Öffentlichkeits-Kultur der Bezirksversammlung meines Erachtens sehr gut beschreiben:
"Herr Noetzel weist darauf hin, dass der Adressat der Mail (ein Wahlbeobachter/
Blogger, der über Twitter agiere) nach Daten forsche, die alle Gegenstand öffentlicher
Drucksachen seien. Die Zusammenfassung und Übermittlung sehe er allenfalls als zu
prüfenden Gebührentatbestand für die Verwaltung an."
Sven Noetzel ist Fraktionsvorsitzender der CDU in der Bezirksversammlung Bergedorf.
"Herr Jersch geht davon aus, dass der Blogger kein Interesse allein an Namen habe."
Stephan Jersch ist Fraktionsvorsitzender Die LINKE. in der Bezirksversammlung Bergedorf.
"Herr Penz bestätigt, dass es sich hier um einen Blogger handele, der Daten sammle
und in entsprechende Listen aufnehme. Nachteilig sei, dass nicht jeder Abgeordnete
oder zugewählte Bürger in Twitter-/ Facebooklisten enthalten sei und dessen
Liste damit nie vollständig sein könne."
Jan Penz ist Fraktionsvorsitzender der FDP-Piraten in der Bezirksversammlung Bergedorf.
Dazu muss man erwähnen, dass ich bis gestern nicht wusste, das ich Thema des Hauptausschusses war, dass über mich diskutiert wurde und das mit mir bisher NIEMAND aus der Bezirksversammlung jemals über das Thema gesprochen hat.
Aber eine Meinung über mich und meine Anfrage, die hat man.
Und weil es so gut zu diesem Rant passt zum Abschluß noch ein Schmankerl von den öffiziellen Webseiten der Bezirksversammlung auf hamburg.de. Die Mitgliederseite der Bezirksversammlung:
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Screenshot 09.08.2012 Bezirksversammlung Bergedorf |
Was lernen wir daraus?
In Bergedorf spricht man eher über einen Bürger als mit dem Bürger.
In Bergedorf sind öffentliche Informationen nicht öffentlich.
In Bergedorf ist ein Blogger noch ein unbekanntes Wesen, dem man erstmal nicht vertraut.
In Bergedorf ist der Gedanke des neuen Hamburger Transparenzgesetzes noch nicht angekommen.
Bergedorf hat Nachholbedarf bei der Einbindung des Bürgers in die politische Arbeit vor Ort.
Nachtrag: Ende August hat die Geschäftsführung der Bezirksversammlung mein Anliegen via Post an alle "Zubenannten Bürger" versendet. Diese sollen sich nun bei mir direkt melden. Hier gibts das Dokument als .pdf. Dank für den Scan an Stephan Jersch (Die LINKE.)