Dienstag, 21. Januar 2014

Blogger Relations in der Politik?

Im Bundestagswahlkampf 2013 habe ich dem Portal wahlkampfanalyse.de ein Interview zum Thema Blogger-Relations gegeben. Da das Thema in der politischen Kommunikation bisher immer noch ein Randdasein fristet und ich nicht weiß wie lange wahlkampfanalyse.de noch betrieben wird, hier der Crosspost dieses Interviews. Interviewer: Jens Issel (Eck Consulting Group)


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Blogger Relations – Während viele Unternehmen mit großen Schritten im Social Web voranschreiten, fehlt es der Politik an Kapazitäten und auch an Willen zur Umsetzung. Nach wie vor werden Journalisten als zentrale Zielgruppe zur Verbreitung von Botschaften eingesetzt. Dabei können Blogger und Influencer ein weiterführender Ansatz sein, der es der Politik erlaubt, mit Bürgern in Kontakt zu kommen. Dazu habe ich mit dem Hamburger Wahlbeobachter Martin Fuchs gesprochen.

wahlkampfanalyse.de: Immer mehr Unternehmen nutzen Blogger Relations im Rahmen ihrer Kommunikationsmaßnahmen. Was könnte es der Politik bringen?
Martin Fuchs: Social Media wird in der deutschen Politik und auch im aktuellen Wahlkampf schwerpunktmäßig als Kanal zur Vermittlung von Positionen genutzt. Aber gerade die Potentiale, die im Dialog und im Themenmonitoring liegen, werden sträflich vernachlässigt. Die Beobachtung von Blogs bietet der Politik die perfekte Möglichkeit, Themen wahrzunehmen bevor sie in den Massenmedien angekommen sind. Dies ermöglicht dem Politiker, sich zu Inhalten frühzeitig zu positionieren, Themen und Argumente für die eigene Arbeit aufzugreifen und zu besetzen und auch schon im Blog mit den Experten darüber zu diskutieren. 

Halten Sie das für realistisch? Immerhin fehlt es der Politik häufig an Glaubwürdigkeit, Nachhaltigkeit und Transparenz.
Ich finde nicht, dass es der Politik an Glaubwürdigkeit fehlt. Gerade Fachpolitiker genießen in Ihren Themengebiet meist ein hohes Ansehen. Und gerade der Austausch und die Diskussion mit der Community auf Augenhöhe führt wiederum zu einer verbesserten Glaubwürdigkeit.

Portrait HAMBURGER WAHLBEOBACHTER_groß
Interviewpartner Martin Fuchs
Ist das durch Parteien und Politiker in dem Maße leistbar? Was wären Ihrer Meinung nach Grundvoraussetzungen?
Die Frage nach der Priorisierung stellt sich für einen Politiker ja bei jeder Maßnahme. Neben direkten Gesprächen mit Experten, offiziellen Anhörungen in den Ausschüssen und öffentlichen Diskussionen sollte aber auch immer Zeit für den Austausch im Netz sein. Selbstverständlich gibt es Politiker, die sich im Netz und in Blogs nicht zu Hause fühlen, diese sollten dann auch nicht zu Blogger Relations gezwungen werden. Die Grundvoraussetzung ist schon, dass man überzeugt ist, dass der Austausch mit Bloggern einen Mehrwert bietet und das man sich offen und ehrlich mit den Multiplikatoren austauscht. Reine Alibi-Veranstaltungen werden schnell von Bloggern durchschaut.

Lassen sich Blogger tatsächlich für politische Inhalte gewinnen? Politik hängt schließlich stark von subjektiver Meinung ab und in Deutschland ist eine klare politische Positionierung, im Vergleich zu den USA, eher unpopulär.
Das Ziel sollte nicht sein, dass man Blogger zu seinem Sprachrohr macht. Vielmehr sollten diese die Positionen des Politikers kennen und diese dann auch kritisch bewerten dürfen. Nur so bleibt der Blogger und der Politiker authentisch und vertrauenswürdig. Neben den bekannten (und offen) parteinahen Bloggern gibt es eine große Anzahl von Fachbloggern oder Bloggern aus dem Wahlkreis, die sich selber nicht als politische Blogger sehen. Diese Leute einzubinden finde ich einen interessanten Ansatz.

Wie können Politiker denn Blogger einbinden?
Ein schönes Beispiel sind Blog-Paraden. Warum ruft man als Wahlkreisabgeordneter nicht dazu auf über bestimmte Themen vor Ort zu bloggen also z.B.: „Meine Vision für Paderborn 2013“ oder „Was ich mir von der Politik für Friedrichshafen wünsche!“. Zudem kann man Blogger einladen Ihre Meinung zu bestimmten Fachthemen als Gastautor auf den Partei- und Politikerseiten zu veröffentlichen (Pro/Contra). Auch eigene kleine Events wie Photowalks oder Blogger-Hintergrundgespräche kann ich mir sehr gut vorstellen. Und natürlich auch Einladungen nach Berlin, zu Veranstaltungen und anderen Terminen sind eine Möglichkeit, Blogger für die eigene Arbeit zu interessieren. Spannend finde ich auch die Rotation Curation-Ansätze. Die CDU und auch die Grünen versuchen dies gerade auch im Wahlkampf einzusetzen. MdB Dorothee Bär (CSU) hat sowas auch schon für Ihren Wahlkreis umgesetzt. Dieses Format könnte man auch für nicht parteinahe Blogger öffnen.

Frankenliebe

Kennen Sie Beispiele in denen die Politik bereits aktiv auf Blogger zugeht?
In der politischen Kommunikation in Deutschland sind Blogger Relations bisher eher ein "Nebenschauplatz". Auch wenn ab und zu Blogger als Experten in Ministerien oder z.B. zur Enquete- Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ eingeladen werden, sind mir keine Politiker bekannt, die Blogger aus Ihrem Wahlkreis oder ihrem Themengebiet systematisch ansprechen und einbinden. Die amerikanische Botschaft hatte beim Besuch von US-Präsident Obama im Juni einige Blogger nach Berlin eingeladen. Dies war ein erster Versuch den ich als Teilnehmer sehr sympathisch fand.

Wo sehen Sie Unterschiede zwischen der Politik und den Unternehmen?
Das ist natürlich ein weites Feld. Insgesamt sind Unternehmen in der Breite schon weiter was die Ansprache der Netzgemeinde angeht und haben schon früher erkannt, dass ein positiver Tweet eines Dritten über meine Produkte in dessen Community besser ankommt als ein klassischer PR-Text auf meiner Webseite. Dies erkennt die Politik aber zunehmend und weiß, dass es sinnvoll sein kann stärker Multiplikatoren außerhalb der Massenmedien in die Kommunikation einzubinden.  Oftmals fehlt es der Politik zudem noch an professioneller Beratung und leider dann auch am Ende des Tages am Geld für Kommunikation.


Wir danken Ihnen für das Gespräch.
Gerne.


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