Posts mit dem Label Tools werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Tools werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Donnerstag, 19. März 2020

TikTok: Wie ich als Politiker das neue Videoportal entdecke

Dies ist ein Gastbeitrag von Jonas Bayer, er war FDP-Kandidat zur Hamburger Bürgerschaftswahl 2020 und ist einer der ersten aktiven & erfolgreichen deutschen Politiker*innen auf der Plattform Tik Tok.


Screenshot
Jonas Bayer aka @jonas_bayer bei Tik Tok
Soll man im digitalen Wahlkampf über den Tellerrand von Twitter und Facebook hinausschauen? Für mich als jungen Kandidaten (21) zur Hamburger Bürgerschaftswahl war es weniger die Frage ob, sondern vielmehr nach dem Wie. Instagram wäre jetzt die Antwort vieler, aber das ist für mich längst Selbstverständlichkeit – privat sowieso. Die Antwort war schnell gefunden: Das neue Videoportal TikTok.

 

Wieso ausgerechnet TikTok?


TikTok ist ein Medium, bei dem besonders Jugendliche Kurzvideos von max. 60 Sekunden, meist deutlich kürzer, hochladen. Dabei handelt es sich oft um „lip sync“, also der Vertonung von vorhandenen Tonspuren, oder Sketche, die Probleme des Alltags darstellen oder einfach nur scherzhaften Hintergrund haben. Für mich war nun also die Aufgabe, politische Inhalte in lockerer Atmosphäre zu verpacken. Dazu muss man natürlich zunächst zielgruppengerechte Inhalte von Uninteressanten filtern. In meinem Fall waren das beispielsweise Digitalisierung, Tierschutz und allgemein die Niedrigschwelligkeit der Politik, bei der jeder mitmachen kann und sollte. Denn selbst wenn ich die Zuschauer nicht von meinen eigenen Inhalten überzeugen kann, wäre es ein Erfolg, die zumeist Jugendlichen für demokratische Politik begeistern zu können.

 

Aber der Aufwand, phhh!


Dazu habe ich mir mein Smartphone und gelegentlich noch ein Handystativ geschnappt – noch mehr Technik, wie etwa ein Ring-/ Videolicht, ist nicht nötig. Wie überall gibt es auch auf TikTok Trends, welche sich meist aus Challenge-artigen Sketchen oder besonders durch angesagte Musiksequenzen auszeichnen. Schnappt man sich eine solche angesagte Sequenz und überlegt sich eine witzige Art, damit beispielsweise per lip sync politische Inhalte zu vermitteln, ist das Drehbuch auch schon fertig.




@jonas_bayer Wenn Du in ##Hamburg wohnst, kannst Du bei der Wahl entscheiden, wie Du Hamburg verbessern möchtest! Ich bin Jonas Bayer, FDP Platz 19! ##fu ##foyou
♬ Lets Go - kawhiyoumad


Hier habe ich mir beispielsweise einen übersteuerten HipHop Beat ausgesucht, der hintereinander „Let’s go“ ertönen lässt. Dazwischen habe ich drei Themen als Text eingeblendet, die ich aus oben genannten Topics ausgesucht habe. Die Beschriftung funktioniert ähnlich wie bei Instagram-Stories und lässt sich auch mit Markern im Video timen, sodass diese nur zeitweise eingeblendet wird. Dazu noch ein paar Videoeffekte, die ebenso wie Filter einfach aus einer Art Mediathek ausgewählt und zeitlich definiert werden können. Klingt kompliziert, ist aber kinderleicht und schließlich auch für Jugendliche konzipiert. In weniger, als fünf Minuten kommt man so mit Dreh und Postproduktion zu einem soliden Videoergebnis ohne viel Vorerfahrung. Wichtig ist natürlich, wie bei den anderen sozialen Medien auch, regelmäßiges Posten. Wenn ein Zuschauer Interesse zeigt und sich den Kanal näher anschauen möchte, dann soll er nicht auf einem sonst leeren Profil landen.

 

Tik Tok ist schneller, direkter und funktioniert anders als bisherige Plattformen


Überhaupt unterscheidet sich die Oberfläche von TikTok von den übrigen Social Media Plattformen, da beim Öffnen der App kein herkömmlicher „Feed“ erscheint, sondern eine sogenannte „For You Page“. Hier werden einem die Videos angezeigt, die die App für den Zuschauer als interessant hält. Erst durch einen weiteren Klick gelangt man auf den Feed mit Inhalten der abonnierten Personen. Ziel muss es also nicht nur sein möglichst viele Abonnenten zu gewinnen, sondern auch auf die genannte For You Page zu gelangen. Auch die Verwendung von Hashtags ist möglich, wobei die Anzahl der Zeichen in der Videobeschreibung mit maximal 150 Zeichen sehr gering ist.

 

TikTok – das ist doch diese suspekte App aus China?

 

In der Vergangenheit stand TikTok gelegentlich in der Kritik, Inhalte diverser Personengruppen zu zensieren. TikTok räumt selbst Fehler in der früheren Policy ein und verspricht, dass dies heute nicht mehr der Fall ist. Zum früheren Zeitpunkt kann ich selbst nichts aus eigener Erfahrung sagen, da die App erst nach Einräumung der Policyfehler von mir genutzt wurde. Jetzt jedenfalls ist mein Feed sehr divers, ich sehe viele sehr erfolgreiche Videos von Personen mit Gehörschaden, von homosexuellen Pärchen und von Personen im Rollstuhl. Die Community ist sehr bunt und Personen berichten beispielsweise sogar, zu ihrem Outing überhaupt erst durch TikTok ermütigt worden zu sein. Und überhaupt, wenn ich auch hier einen Beitrag leisten kann und für ein tolerantes und demokratisches Miteinander werben kann, dann ist das ein Erfolg.

 

Enorme Potentiale für die Politik


Eines der ersten Tik Tik-Videos von Jonas Bayer
Ob auf TikTok aber überhaupt Platz für politischen Inhalte ist, war zunächst herauszufinden. Bisher ist die politische Landschaft dort nämlichneben wenigen weiteren Kanälen, noch sehr farblos und trist. Die Zuschauer haben meist Pause oder Schulschluss – ob Politik da Platz hat, war anfangs ungewiss. Mittlerweile zählen meine Videos jedoch eine Reichweite von insgesamt über 168.000 Impressions, das erfolgreichste erzielte dabei im Wahlkampf über 73.000 Impressions.

Fast alle Videos erhalten hunderte Kommentare, mit teils sehr interessierten Fragen, oder dem Kommentieren mit der eigenen Meinungen. Auch obligatorische Trolle sind natürlich vertreten, das wird sich in sozialen Medien generell nur schwer vermeiden lassen. Insgesamt ist das Interesse allerdings enorm! Das ist beachtenswert, da diese Personengruppen ansonsten höchstens auf Instagram erreicht werden können. TikTok stellt also durchaus eine Möglichkeit dar, viele Jung- und Erstwähler bei einem kleinem Aufwand innerhalb von wenigen Minuten mit dem Smartphone und einem Handystativ zu erreichen.



Autor 


Portrait
Jonas Bayer
Jonas Bayer ist 21 Jahre alt, Student und war Kandidat auf Landeslistenplatz 19, sowie Platz 4 im Wahlkreis 08/Eppendorf-Winterhude, der FDP zur Hamburger Bürgerschaftswahl im Februar 2020. 

Insgesamt erzielte er über 3.340 Personenstimmen bei der Wahl, nachdem er beim Wahlkampf besonders auf Onlinekommunikation gesetzt hat.

Interessiert an Social Media und Kommunikationsstratiegien. Ansonsten Feuerwehrmann und Rettungsschwimmer. Mehr über Jonas findet Ihr auf Jonas-Bayer.de. Erreichen könnt Ihr ihn unter kontakt@jonas-bayer.de, auf Twitter unter @Jonny_Bayer und auf TikTok unter @jonas_bayer.


Nachtrag Martin Fuchs: 

Liste Tik Tok in der deutschen Politik
Um nicht den Überblick über die deutsche Politik auf Tik Tok zu verlieren, habe ich vor einigen Wochen eine Excel-Liste gestartet, in der ich neue Accounts von Politiker*innen sammle, die ich bei Tik Tok finde. Gerne ergänzen oder Hinweise an martin-fuchs@hamburger-wahlbeobachter.de bzw. drüben bei Twitter (DN sind offen). Freue mich über eure Ergänzungen! 


Donnerstag, 7. Juli 2016

Antworten Bundestagsabgeordnete auf Facebook-Anfragen? - Ein Test!

Dies ist ein Gastbeitrag von Hans Hirsch, er studiert Staatswissenschaften an der Universität Passau und schreibt aktuell an seiner Bachelorarbeit. Seine Erfahrungen mit Facebook-Anfragen an Bundestagsabgeordnete hat er für das Blog hier zusammengefasst.

© Jorge Royan / http://www.royan.com.ar, via Wikimedia Commons
Deutscher Bundestag (© Jorge Royan)
Viel wird über die Online-Kommunikation von Politikern gesprochen und wie sie genutzt werden kann, um interessierte Bürger und potenzielle Wähler zu erreichen. Doch „was passiert eigentlich, wenn ich einen Bundestagsabgeordneten einfach bei Facebook anschreibe?“, diese Frage beschäftigte mich, als ich abends vor dem Laptop saß.

Am Montag, den 06.Juni 2016 sendete ich, von meinem privaten Facebook-Account, 39 Abgeordneten des Deutschen Bundestages folgende Frage:
„Guten Abend, denken Sie, das Integrationsgesetz wird ausreichen, um Flüchtlinge in Deutschland zu integrieren?“
Die Auswahl der Abgeordneten erfolgte dabei nach keinem festgelegten Muster, Parteizugehörigkeit oder Einstellung zum Thema

Auf meine Frage bekam ich innerhalb von einer Woche 19 Antworten. Dies entspricht einer Antwortquote von ca. 48%. 

Innerhalb dieser Gruppe ergab sich, bei der Zeit innerhalb der die Antwort erfolgte, folgendes Bild: 

Antwortverhalten



Säulendiagram via infogr.am
Reaktionszeit der Bundestagsabgeordneten
Die Antworten erfolgten zügig, unterschieden sich jedoch in ihrem Umfang und Qualität. Als Negativbeispiele sind nur zwei Nachrichten (eine davon erfolgte als Auto-Response) zu sehen. Es wurde gebeten sich bei Fragen, per Mail oder telefonisch, an die angegebene Adresse /Telefonnummer zu wenden. Die Möglichkeit seine Fragen zu stellen, wird somit auf die üblichen Kanäle begrenzt und erschwert die Kommunikation zwischen Abgeordneten und Bürgern. Die Präferenz des Nutzers wird dabei außer Acht gelassen und legt Menschen, die hauptsächlich über Facebook kommunizieren wollen, eine Hürde in den Weg. Ein Austausch wird so erschwert oder gar verhindert.

Die restlichen Reaktionen waren durchweg positiv. Manche Antworten waren kurz und knackig, andere sehr ausführlich. Zehn der Antworten beschränkten sich auf wenige Sätze, von denen vier mit weiterführenden Links zu den jeweiligen Positionen der Partei oder des Abgeordneten versehen waren. Die Antworten enthielten meistens ein kurzes Statement: „Ja, ich denke das Gesetz ist gut, weil.“, „Nein das Gesetz reicht nicht aus, weil…“, gefolgt von einer Begründung oder der jeweiligen Position. 

Screenshot Facebook
Antwort MdB Saskia Esken (SPD)
Die anderen sieben Antworten waren ausführlicher und legten detailliert den jeweiligen Standpunkt des Politikers oder seiner Partei dar. Dabei wurden generelle Anmerkungen zum Thema Integration gemacht, genauso wie konkrete Veränderungswünsche und Hintergründe zur Gesetzgebung geliefert.


BEST PRACTICE

Screenshot Facebook
Antwort MdB Lars Klingbeil (SPD)
Unter den erhaltenen Antworten stach die Nachricht von Lars Klingbeil (SPD) positiv hervor. Die Ansprache wirkt freundlich, persönlich und ungezwungen. Außerdem hatte ich nicht das Gefühl, dass die Antwort aus vorgefertigten Antwortbausteinen zusammengesetzt wurde und persönlich, nicht von einem Mitarbeiter, verfasst wurde. Dabei wird vom normalen Politiker-Sprech abgewichen („Moin“, „Bester Gruß. Lk“ und somit die Distanz zwischen Bürger und Politiker abgebaut.

Besonderes Augenmerk sollte jedoch auf die Nachfrage nach der eigenen Meinung („Was denken Sie?“) oder Vorschläge („Hinweise sind noch willkommen“) gelegt werden. Die Nachricht enthält somit nicht nur eine Meinung, sondern signalisiert Dialogbereitschaft und ein offenes Ohr für die Anmerkungen oder Kritik der Bürger. Dieses Element habe ich bei anderen Antworten vermisst und würde mir wünschen, dass sich diese einseitige Kommunikation, mehr in einen Dialog entwickeln würde.

Fazit


Screenshot Facebook
Auto-Response-Antwort MdB Dennis Rohde (SPD)
Insgesamt blieben mehr als die Hälfte der Fragen unbeantwortet. Wünschenswert wäre natürlich ein anderes Ergebnis gewesen. Meiner Meinung nach bieten Facebook-Chats eine Möglichkeit, zur schnellen und unkomplizierten Kontaktaufnahme. Damit sich die Facebook-Kommunikation nicht auf das bloße Teilen und Kommentieren von Inhalten beschränkt, sollten Anfragen neben dem üblichen E-Mail- oder Telefonverkehr, auch über Facebook-Nachrichten beantwortet werden. 

Screenshot Facebook
Lange Antwort MdB Patrick Schnieder (CDU)
Der Austausch zwischen Politikern und Bürgern kann dadurch erleichtert werden und helfen Distanz abzubauen. Die Chatfunktion ist dabei wesentlich persönlicher und vertrauter, als ein gesichtsloser E-Mail-Kontakt.

Politiker und Parteien sollten versuchen ihre Zielgruppe (besonders jüngere Menschen), in ihrem gewohnten Kommunikationsumfeld abzuholen, um dort mit ihnen in einen Dialog zu treten. Der Austausch von Nachrichten über Facebook kann ein Baustein sein, diesen Dialog zu führen und zu fördern. Insbesondere im Hinblick auf die kommende Bundestagswahl, würde ich mir diesen verstärkten Austausch zwischen Politikern und Bürgern wünschen


Tool-Hinweis: 

Das Tool SocialHub Smart Inbox von SocialHub bietet eine Möglichkeit, Anfragen von den gängigen Social-Media-Kanälen (Facebook, Twitter, YouTube, Instagram) in einer Inbox zu vereinen. Von dort aus können die eingegangen Anfragen, mit Hilfe eines Ticket-Systems, bearbeitet und freigegeben werden.


Autor
Hans Hirsch
Hans Hirsch, studiert Staatswissenschaften an der Universität Passau und schreibt aktuell an seiner Bachelorarbeit beim Bundesverband Medizinische Versorgungszentren – Gesundheitszentren – Integrierte Versorgung e.V. Außerdem arbeitet er bei ADVERB – Agentur für Verbandskommunikation im Bereich Social-Media.

Kontakt:
Email: hirsch.hans92@gmail.com 
Twitter: @hHirsch92

Fotonachweis:  Deutscher Bundestag © Jorge Royan / http://www.royan.com.ar, via Wikimedia Commons CC-BY-SA-3.0

Sonntag, 26. Juni 2016

GIF kann auch politisch

Dies ist ein Gastbeitrag von Thomas Dudzak, er ist Mitarbeiter für Strategieentwicklung, -beratung und öffentliches Wirken bei den sächsischen LINKEN. In dieser Funktion betreut er u.a. auch die
Social-Media-Aktivitäten der Partei.

Die LINKE.
Logo Die LINKE. Sachsen
Wir experimentieren gerne mit neuen Vermittlungsformen für unsere Inhalte. Deswegen war es uns auch ein innerer Kreisparteitag, als Facebook die GIF-Funktion für Seiten öffnete. Große Freude. Allein: Keiner wusste, was damit anzustellen war.

Wir produzieren vor allem kurze, einprägsame, meist ziemlich textlastige Sharepics. In unserem Corporate Design nimmt Schrift einen besonderen Stellenwert ein. Es ist klares Gestaltungselement: Kurze, zugespitzte Botschaften, hoher Kontrast, dickes rotes Logo. Manchmal schafft man es aber einfach nicht, seine Botschaft so zu komprimieren. Da kam die GIF ins Spiel.



Die GIFs bieten uns nun nämlich eine charmante neue Form, unsere Inhalte aufzubereiten: Als Zwitter zwischen Sharepic und Video. Stehende Schrift und Bewegtbild in Kombination. Ein Beispiel: Die AfD meinte neulich, uns Plagiat vorwerfen zu müssen. Hintergrund der Geschichte: Die Zeitung der Landtagsfraktion "links im landtag"wurde mit einem blau-roten Logo gedruckt, was die Pawlowschen Reflexe in deren Öffentlichkeitsabteilung anschmiss. Wir würden jetzt sogar deren Farben klauen und überhaupt seien die Themen darin - Bildung, Polizei, Haushalt, direkte Demokratie usw. - seien ja sowieso alles AfD-Themen, als hätte es Politik vor ihnen nie gegeben. Denn nicht nur, dass unsere politischen Schwerpunkte schon ewig auf diesen Themen lagen, nein, die AfD zeigte auch noch eindrucksvoll, dass Recherche nicht so ihr Ding ist: Das Logo der Fraktionszeitung war schon seit 2007 blau-rot, also etwa sechs Jahre vor Gründung der Partei.

GIF, um Animation zu sehen bitte hier klicken.
Was mehr als ein mitleidiges Nein hätten wir da noch liefern sollen, um die Politik- und Rechercheunfähigkeit dieser Partei zu dokumentieren? Aber ohne zu viel Text. Ein Zufall war es, das wir ein Video von unserer Landtagsabgeordneten Luise Neuhaus-Wartenberg vom letzten Bundesparteitag gefunden haben. Eine kurze Sequenz, sie schüttelt den gesenkten Kopf, hebt ihn langsam mit einem Lächeln irgendwo zwischen Mitleid und Unverständnis. Perfekt. Daraus basteln wir was! Der Beitrag ging um 14.34 Uhr online, eigentlich keine gute Zeit. Dennoch erreichte er ziemlich schnell den Bereich einer hohen Interaktionsrate. Über 25.000 Nutzer erreichte er nur auf Facebook organisch, 1.069 Interaktionen konnte er produzieren.

Wir hatten vorher schon ein paar Mal mit GIFs experimentiert. Unser erstes war eine kurze Sequenz von einer Demonstration, bei der ein Polizist einen jungen Demonstranten schlug. Nun war das Urteil gefallen: Freispruch. Unverständlich für uns und das wollten wir zum Ausdruck bringen. Also haben wir – gleiches Muster wie der andere Beitrag – diese Sequenz mit stehendem Text komponiert. Wir dachten, wir hätten damit einen ganz guten Beitrag gebaut. Nein. Wir hatten einen verdammt guten Beitrag gebaut: Tagelang lief er durch Facebook, erreichte fast 233.000 Personen. 1483 Mal wurde er geteilt, hat mehrere tausend Reaktionen eingesammelt. Und ich verwette meinen Hintern darauf, dass kein „Nur Text“- Sharepic und kein Standbild der Welt eine ähnliche Reichweite entwickelt hätte.



Zurück zum ersten Beispiel, denn das drehten wir noch einen Ticken weiter. Wie hatten nun ein klassisches Reaction-GIF. Das Problem im politischen Kontext war aber, dass man, wenn der Ursprungsbeitrag auf einer anderen Seite liegt, man die Leute, denen man die Reaktion zeigen will – in diesem Falle die AnhängerInnen der AfD – das gar nicht mitbekommen. Sie gehören nicht zum Dunstkreis unserer Follower. Einzelne verirrten sich auf unsere Seite. Allerdings: die große Masse blieb aus. Wir hatten im Landtagswahlkampf 2014 Anzeigenschaltungen bereits sehr erfolgreich in den Zielgruppen anderer Parteien getestet. Was wäre, dachten wir uns, wenn wir diesmal die Zielgruppe der AfD ansteuern würden? Mit einem geringen Betrag im untersten zweistelligen Bereich und einer Zielgruppe – aus Sachsen, über 16, liked AfD-Seiten – haben wir das mal ausprobiert. Einen Tag lief die Schaltung und erreichte immerhin knapp 6.000 AfD-Anhänger.

Beispiel für erfolgreiches SharePic mit großer Reichweite
Wir hatten ein bisschen auf einen kleinen Shitstorm gehofft, den wir mit unserer engagierten Community dann hätten bewältigen wollen. Ziel: Leute von der anderen Seite erreichen, sie im Glauben an die Unfehlbarkeit der AfD erschüttern, einbinden, diskutieren, vielleicht überzeugen. Das hat nicht geklappt. Denn es passierte, womit wir wirklich gar nicht gerechnet hatten: positives Engagement. Die Anzeige hat uns so beispielsweise zusätzliche 80 Likes auf den verdammten Beitrag gebracht. Unfassbar… Und trotzdem irgendwie genau das, was wir erreichen wollten.


Ja, eine GIF sagt mehr als tausend Worte und ist genau deshalb in einem schmalen Aufmerksamkeitsfenster – gerade bei fremden Zielgruppen – manchmal die bessere Art, die eigene Position zu vermitteln. Wir haben aber ein paar Fallstricke:  

Zum Ersten gibt es nicht genug eigenen Content, um sowas regelmäßig zu machen. Hier muss man einfach mal auf Halde produzieren, Material sichten und schauen, was sich eventuell wie eignen könnte.  

Zum Zweiten gibt es für die Produktion von GIFs in einer breiten Social-Media-Arbeiterschaft noch keinen richtigen Workflow. Ich schneide meine Videoschnipsel derzeit mit Blender, Movie Maker oder was eben da ist, nutze Onlinetools – verschiedene je nach Zielstellung – um daraus GIFs zu machen, setze den Text in einem Grafikbearbeitungsprogramm und komponiere dann alles in Corel Photo Paint. Das ist eher Bastelarbeit, denn strukturierte Social-Media-Arbeit. 

Drittens hat GIF im Social-Media-Bereich auch Grenzen: Sei es maximale Uploadgröße oder der 8-Bit-Farbraum von GIFs, der uns auf 256 Farben begrenzt. Und zu guter Letzt: Was, wenn unsere Erfolge mit den GIFs vor allem darauf zurückzuführen sind, dass sie (noch) die Sehgewohnheiten der User durchbrochen haben? Was passiert, wenn mehr Akteure im politischen Raum anfangen, solche Formate zu verwenden und sie sich langsam abnutzen? Keine Ahnung…


Fazit


Dennoch bieten GIFs in der politischen Kommunikation – auch zwischen Akteuren – einen ziemlichen Reiz. Warum nicht mit einem eigenen GIF-Stock aufeinander reagieren, aufbauen, politische Diskussionen, die nun einmal auch emotional geprägt sind, mit solchem Material ergänzen? Der Mehrwert für die User dürfte ziemlich hoch sein. Was es braucht, sind Social-Media-Arbeiter im politischen Bereich, die bereit sind, sich darauf einzulassen. Und keine Angst davor haben, dass demnächst mal die Konkurrenz ein wenig trollen kommt.

Autor 

Thomas Dudzak
Thomas Dudzak, 31 und von Haus aus Historiker, ist seit 2013 Mitarbeiter für Strategieentwicklung, -beratung und öffentliches Wirken in der Landesgeschäftsstelle der sächsischen LINKEN. Andere würden es „Pressesprecher“ und „Social-Media-Verantwortlicher“ nennen, was ihn auch nicht weiter stört.







Anmerkung Martin Fuchs: Auch der SPD-Bundesvorstand und die SPD Baden-Württemberg setzen bereits erfolgreich auf GIFs, siehe u.a. hier, hier, hier und hier. Ebenso die CSU mit eher klassischen Text-GIFs und die CDU mit Merkel-Memes. Wer hingegen auf Lade-Rädchen steht ist bei Die PARTEI richtig.

In der Bundesregierung gibt es beim Innenministerium und bei Justizminister Heiko Maas erste zaghafte aber sehenswerte Versuche GIFs in der Regierungskommunikation einzusetzen. 

Nach Veröffentlichung des Gastbeitrages entdeckt nun auch die Junge Union Rheinland-Pfalz GIFs fürs Negativ Campaigning

Donnerstag, 4. Februar 2016

Politik auf Snapchat

Es gibt aktuell wenige Apps und Social-Media-Angebote, die in den letzten Monaten so gehypt wurden wie Snapchat. In Deutschland soll der Instant Messenger bereits drei Millionen Nutzer haben. Für den anstehenden US-Präsidentschaftswahlkampf wird ihm sogar eine sehr große Rolle zugeschrieben.

Auch die deutsche Politik entdeckt die App langsam. Inspiriert von der langen Liste der snappenden JournalistInnen drüben bei Vocer (Danke an Mark Heywinkel), hier nun der Überblick über die Snapchat-Nutzung bei Politikern und Parteien. (Übersicht wird laufend aktualisert)

Ach ja, wer die App besser kennenlernen möchte, dem empfehle ich das (kostenfreie) Snapchat-Buch von Philipp Steuer.

Parlamente


Europaparlament: europarl
Einen Überblick über die Snapchatnutzung des Europäischen Parlaments gibts hier.

Hamburgische Bürgerschaft: buergerschafthh

 

Parteien


Christlich-Soziale Union in Bayern: csu_de

Erstmals zum Einsatz kam Snapchat auf dem CSU-Parteitag im November 2015 in München. bento hatte sich damals dazu einige Gedanken gemacht.














CDU Deutschlands: cdu_snaps 

Die LINKE: die_linke

Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD): spdde

FDP: fdp_bund
Die LINKE Nordrhein-Westfalen: dielinke.nrw

Neue Liberale Hamburg: neueliberale_hh

CDU Hessen: cdu_hessen

CDU Rheinland-Pfalz: cdurlp

AfD Schleswig-Holstein: afd-sh

 

Fraktionen 


Fraktion Die LINKE. im Bundestag: linksfraktion

 

Politiker 


Paralamentarische Staatssekretärin MdB Dorothee Bär (CSU): dorobaer

Ex-MEP und Landrat Matthias Groote (SPD): matthiasgroote

[Matthias Groote hat seinen Account zwischenzeitlich 2016 wieder eingestellt, da er ihn nicht mehr aktiv nutzte] 

MdB Johannes Steiniger (CDU): josteiniger

MdB Dr. Peter Tauber (CDU): petertauber

MdB Dr. Andreas Scheuer (CSU): andreasscheuer

MdB Thomas Jarzombek (CDU): thomasjarzombek

MdB Christina Schwarzer (CDU): tinaschwarzer
 
MdB Özcan Mutlu (Bündnis 90/Die Grünen): canbobi

MdB Lars Klingbeil (SPD): larsklingbeil

MdB Dr. Jens Zimmermann (SPD): jens-zimmermann 

MdB Stefan Liebich (Die LINKE.): berlinliebich

MdB Konstantin von Notz (Bündnis 90/Die Grünen): kv_notz 

Ministerin Prof. Dr. Claudia Dalbert (Bündnis 90/Die Grünen): claudia.dalbert 

Ministerin Christina Kampmann (SPD): christinakampm8

MdL Katharina Schulze (Bündnis 90/Die Grünen): kathaschulze

MdL Sebastian Striegel (Bündnis 90/Die Grünen): striegse

MdHB Carsten Ovens (CDU): carstenovens 


MdL Stefan Kämmerling (SPD): st_kaemmerling
[Stefan Kämmerling hat seinen Account nach einem halben Jahr Testphase 2016 wieder eingestellt, da er mt Snapchat "nicht warm wurde"]

MdL Katharina König (Die LINKE.): koenigkatharina


MdL René Schneider (SPD): schneider.mdl

MdL Wolfgang Aldag (Bündnis 90/Die Grünen): wolfgang.aldag
 
MdL Ulrike Gote (Bündnis 90/Die Grünen): ulrikegote 

MdL Tobias Hans (CDU): tobiasthans

MdL Alexander Zeyer: (CDU): alexzeyer
 
MdHB Hauke Wagner (SPD): wagnerhauke

MdA Franziska Becker (SPD): fcmbecker
 
Ein von Franziska Becker (@franziska.cmb) gepostetes Foto am


MdA Sebastian Czaja (FDP): sebastianczaja
 
MdBB Björn Fecker (Bündnis 90/Die Grünen): bjoernfecker

MdL Dr. Mario Voigt (CDU): mariovoigt
 
MdL Florian Braun (CDU): fliegen.pilz

MdL Moritz Körner (FDP): moritzkoerner90
Ex-MdL Daniel Düngel (Piratenpartei): rwolupo

Ex-MdL Lukas Lamla (Piratenpartei): lukas.lamla

Landtagskandidat Oliver Linder (SPD) aus Sachsen-Anhalt: olindner

Landtagskandidat Frank Sitta (FDP) aus Sachsen-Anhalt: franksitta

Landtagskandidat Lutz Franke (FDP) aus Sachsen-Anhalt: lutz.franke

Kommunalwahlkandidat Alexander Schnapper (Piratenpartei) aus Hessen: alexschnapper

Die Piratenpartei hat sich von diesem kleinen Blogbeitrag inspirieren lassen und sammelt nun selber fleißig snappende Piraten unter piratensnaps.tumblr.com. Mit Stand 08.02.2016 finden sich hier acht snappende Piratenpolitiker. Die Piratenpartei Münster findet sich hier.


Politische Jugendorganisationen 


Junge Union Deutschlands: junge_union 
 
Junge Liberale: jungeliberale 

Junge Union Hamburg: juhamburg

Junge Union Bayern: jungeunion

Junge Union Sachsen: ju_sachsen

Grüne Jugend: gruene_jugend
 
Grüne Jugend Bayern: gj_bayern

Junge Liberale Bonn: julis_bonn


Österreich


Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP): sebastian.kurz
 

Habe ich jemanden übersehen? Fehlen hier Parteien, Politiker und politische Institutionen aus Deutschland? Dann gerne her damit. Dies ist ein lebender Blogpost, der fortlaufend ergänzt wird ;)

Freue mich über eure Hinweise! 


Epilog: Auch beim Thema Werbung auf Snapchat sind amerikanische Politiker schon weiter. Wie solche 10 Sekunden-Spots aussehen können, zeigt der republikanische Ex-KandiFafddatenbewerber Rand Paul sehr schön.